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In der größten deutschen Freiluft-Arena findet jeder seinen Platz

Vielfalt, Frische, Fitness – wer im Wald Sport treibt, bekommt das Naturerlebnis gratis

Ein früher Morgen im Wald. Irgendwo in Deutschland. Noch ist es kühl, doch die ersten Sonnenstrahlen streifen schon durch die Äste. Der Förster ist in seinem Revier unterwegs. Es ist viel los heute Morgen – sportlich gesehen. Bald trifft er die ersten Jogger. Eine Reiterin ist unterwegs. Die Mountainbiker kennt er schon, man grüßt sich. Später kommt eine gut gelaunte Nordic Walking-Gruppe vorbei. Als der Feierabend naht, läuft die Handballmannschaft in der Saisonvorbereitung vorbei. All das ist Sport im Wald.

Dabei hat jeder bei der Paarung „Sport“ und „Wald“ etwas anderes im Kopf. Die Eine denkt vielleicht an Mountainbiken auf der schwäbischen Alb, während der Nächste das Laufen im Frankfurter Stadtwald vor Augen hat. Eine Dritte assoziiert Reiten auf Sandwegen in der Rhön, und der Vierte sieht Skilangläufer im Schwarzwald. Profis oder Amateure? Gern lassen die Bundesligatrainer ihre Fußballspieler in stadtnahen Waldgebieten am Tag nach der Belastung ausradeln. Und ebenso ist es Sport, wenn Grundschüler auf vermessenen und gekreideten Waldstrecken ihre schnellsten und besten Renner ermitteln.

Dabei ist der Sport im Wald eine Ganzjahresveranstaltung. Nur die Kleider sind der Unterschied im Jahresverlauf, denn (nicht allzu) warm eingepackt trainiert es sich auch im Januar ausgezeichnet. Für den Ski-Langläufer in den Alpen, dem Erz- oder Fichtelgebirge sind die schneefreien Monate Möglichkeit, Kondition für das winterliche Skifahren im Wald zu nutzen. Und selbst jemand, der sich im Wassersport zuhause fühlt – zum Beispiel Schwimmer, Kanuten, Ruderer -, schätzt Ruhe, Luft und Vielfalt einer Waldeinheit, bevor es wieder zum „Kacheln zählen“ ins Hallenbad oder die Wassersportreviere geht.

Sport im Wald ist so vielfältig wie der Wald selbst. „Viele unserer Mitgliedsorganisationen berichten uns, wie gern und regelmäßig ihre Sportler bundesweit in den Wald gehen, um Sport zu treiben“, sagt Walter Schneeloch, der Vizepräsident Breitensport und Sportentwicklung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). „Ob Handball, Radsport oder Sportarten wie Ski, Orientierungslauf, Reitsport und Leichtathletik: in der größten deutschen Arena findet jeder seinen Platz und sei es für das Lauftraining.“

Rund 4,5 Millionen vereinsorganisierte Deutsche verlegen Jahr für Jahr ihr Training oder einen Teil davon in die Wälder. In dieser Zahl nicht enthalten sind die in die Millionen gehenden Aktiven, die ohne Vereinsengagement unter dem grünen Dach reiten, joggen, radeln, Ski fahren oder wandern. Allein auf 22,6 Millionen Jogger im Jahr in deutschen Wäldern belief sich eine Schätzung des Deutschen Forstwirtschaftsrates von 2017. Sei es, um die reine Luft, den kühlen Schatten oder die weichen Böden zu nutzen. Oder um einfach Abwechslung von Hallen und Sportplätzen zu bekommen und das eigene Profil zu schärfen: ohne Abfahrten und Anstiege in den Wäldern gebe es keine attraktiven Strecken für Radler, Läufer, Skifahrer.

Sport im Wald ist dabei genauso der vereinsunabhängige Lauftreff jeden Dienstag um 19 Uhr wie das „Boot Camp“ eines kommerziellen Anbieters im Unterholz, genauso das erste Lauf-Training des örtlichen Handball-Kreisligaklubs vor einer langen Saison wie ein kostenpflichtiges Wochenend-„Workout“ des nahen Fitness-Studios für geschlauchte Manager.

Die „Flachlandtiroler“ im Norden der Republik nutzen „ihren“ Wald dabei anders als Sportler in den deutschen Mittelgebirgen in der Mitte und dem Osten. Der urbane Wald in Stuttgart hat andere Nutzer und Nutzungsbedingungen als das einsame Gehölz im Hunsrück. Und im Schwarzwald, den Wäldern der Voralpen und Alpen sind wieder andere Aktive unterwegs. „Es ist die Vielfalt des Naturraumes Wald, die ihn so attraktiv für unsere zahlreichen Sportaktiven macht“, sagt Schneeloch, und fügt als Beispiel an: „Ganz schnell findet man auf einer Laufstrecke im Wald auch einen Ast oder einen Baum, um Muskeltraining zu machen oder ein Hindernis zu bewältigen.“ Kaum etwas ist öder für Berufs-, Vereins- oder Freizeitsportler, als Runde um Runde auf der Bahn zu laufen. Die gleiche Distanz im Wald bekommt eine ganz andere Dimension – nicht nur die gefühlt kürzere Kilometerzahl, sondern auch andere, unerwartete Aspekte wie Umweltbildung erscheinen: Welcher Specht fliegt denn da? Welcher Baum wirft den größten Schatten? Was passierte wohl in den Alpen ohne Schutzwälder? Wer pflanzt dort eigentlich junge Bäume nach, die (auch) als Lawinenschutz dienen? Wer sorgt dafür, dass nach einem Sturm die Waldwege wieder passierbar sind, ohne dass man über herabgefallene Äste fällt?

32 Prozent der Fläche Deutschlands sind bewaldet. Zu fast 50 Prozent befinden sich die Wälder im Privatbesitz, und dass wir sie überhaupt betreten und nutzen dürfen, garantiert das sogenannte Betretensrecht insbesondere des Bundeswaldgesetzes. Jeder darf den Wald zum Zwecke der Erholung kostenfrei betreten und zwar auf eigene Gefahr, so lautet verkürzt und vereinfacht der Gesetzestext.

Aus dem Nutzungsanspruch heraus ergibt sich ein gewisser Regelungsbedarf. Rückzuggebiete für Tiere oder neu angelegte Waldflächen sollte keiner betreten. Allgemeine Rücksichtnahme ist beim sportlichen Verhalten im Wald eine gute Leitlinie. Dazu gehört auch, als Mountainbiker die Spaziergänger im Auge zu behalten, als rüstige Rentnergruppe beim Nordic Walking nicht in voller Breite Wege zu belegen – oder beim Schneeschuhwandern nicht den schönsten, unberührten Pfad zu nehmen. Sondern den erlaubten. DOSB-Vize Walter Schneeloch sagt: „Wer sich im Wald als Sportler so verhält, als sei er ein gern gesehener Gast, der bald wiederkommen möchte, macht schon vieles richtig“.

(Quelle: DOSB/Frank Heike)

Der Nachdruck ist – mit Angabe der Quelle (DOSB) und mit Verweis auf www.waldsportbewegt.de – gestattet und ausdrücklich erwünscht.

Essay (Quelle: DOSB/Frank Heike) als pdf, Foto (DOSB/Frank Molter) in Druckqualität Foto (LSBNRW//Andrea Bowinkelmann) in Druckqualität

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