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Der Wald ist nicht nur Kulisse

Es soll mehr miteinander geredet werden: Bei den „Deutschen Waldtagen 2018“ in Berlin sind sich die Wald- und die Sportseite ein gutes Stück nähergekommen.

Am Ende eines langen Tages voller ergiebiger Diskussionen wirkte es wie ein Versprechen. Mehr „Kommunikation“ zwischen der Wald- und der Sportseite solle es geben, viel öfter sollte der „Perspektivwechsel“ gewagt werden. Denn wenn Waldbesitzer besser verstehen, was Sportlerinnen und Sportler in ihren Wäldern machen und suchen, wenn Sporttreibende gleichermaßen die Zweifel und Vorbehalte der Waldbesitzer und Förster ihnen gegenüber nachvollziehen können – dann ist schon sehr viel gewonnen.

Denn Ziel ist es, dass die vielen Millionen Waldbesucher aus dem Kreis der DOSB-Mitgliedsorganisationen und die zwei Millionen Waldbesitzer miteinander reden. Und nicht übereinander. Deswegen gibt es seit einiger Zeit eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und dem Deutschen Forstwirtschaftsrat (DFWR).

„Die eigentlichen Sorgen des Waldes sind Trockenheit und Hitze“, sagte Philipp Freiherr zu Guttenberg bei den „Deutschen Waldtagen 2018“ in Berlin, „und nicht die Sportler.“ Zu Guttenberg ist Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW). Auf Seiten des Sports warb Alfons Hörmann, der Präsident des DOSB, für ein nachhaltiges Miteinander von organisiertem Sport und Wald. Hörmann führte an die Waldseite gerichtet aus: „Der Wald ist mehr als die Summe seiner Bäume. Er ist ein Alleskönner. 37 unserer 101 Mitgliedsorganisationen sind unmittelbar im Wald unterwegs. 4,5 Millionen Mitglieder sind Waldsportarten zuzurechnen. Sie nutzen eine Fläche, die ihnen nicht gehört. Wir haben deshalb gemeinsam zahlreiche Herausforderungen. Die Kooperationsvereinbarung ist ein erster und wichtiger Schritt. Besser spät als nie. Wir als organisierter Sport bieten Ihnen das Gespräch über alle Ebenen an. Unser Angebot ist: Sportdeutschland steht Ihnen im Sinne der Kooperationsvereinbarung zur Verfügung. Lassen Sie uns gemeinsam darüber nachdenken, wie wir auch mit den neuen Medien das Thema der Kommunikation noch aktiver leben können, im Sinne von: Tue Gutes und rede drüber.“

Überhaupt kam bei der Podiumsdiskussion am Vormittag und insbesondere beim „Waldcafé“, thematisch unterschiedlichen Runden an zehn Tischen, am Nachmittag die Frage auf, warum sich die beiden Seiten nicht schon viel früher angenähert hätten. Viele Motive der Sportler waren den Waldbesitzern ebenso unbekannt wie die Beweggründe der Waldbesitzer den Sportlern. Da kam dann zum Beispiel die Frage eines Waldbesitzers an einen Mountainbiker auf: „Ist Ihnen der Wald nur Kulisse?“ Vehement widersprach der Sportler und sagte: „Die Natur ist ganz entscheidend. Ohne sie könnten wir auf Betonpisten fahren.“ Es entspann sich eine Diskussion, wie ein „schöner Weg“ aus Sicht des Bikers aussehen müsste, und wie der Waldbesitzer diesen als „Premiumweg“ zur Verfügung stellen könnte, ohne dass Neuanpflanzungen oder Holzeinschlag beeinträchtig seien. Dazu sagte Georg Schirmbeck, der Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR): „Ich will die Sportler im Wald. Aber auf den dafür vorgesehenen Strecken. Wir als Waldseite dürfen nicht nur verbieten. Sondern wir müssen auch Angebote machen.“

Gerade, wenn Wege wegen der wirtschaftlichen Nutzung des Waldes gesperrt seien, wäre es für die Sportseite und auch andere Erholungssuchende hilfreich, eine online-Plattform zu kennen, auf der solche Informationen stehen. Das wäre womöglich eine Aufgabe für die jeweiligen Tourismusverbände – wieder also geht es um Kommunikation. Die Tourismusverbände könnten die Kommunikationsmaßnahmen wirksam unterstützen. Der bessere Informationsaustausch zwischen der Forst- und der Sportseite mit dem DOSB, seinen Landessportbünden und Vereinen wurde als wünschenswert und notwendig angesehen. Noch aber fehlten die Strukturen dafür.

Einig waren sich die Teilnehmer in Berlin, dass eine Bemautung des Waldes keine Lösung sei. Alfons Hörmann sagte: „Wir sind als Sportlerinnen und Sportler besorgt über die Debatte zur Wald-Maut. Die Bemautung des Waldes wäre aus unserer Sicht und im Hinblick auf die Aktivierung ein Rückschritt von der positiven Wald- und Holznutzung in die Steinzeit.“ Hörmann mahnte in diesem Zusammenhang auch die „wichtige, gegenseitige Rücksichtnahme“ im Wald an.

Zu Guttenberg sprach sich ebenfalls gegen ein „Kassenhäuschen am Waldeingang“ aus, sagte dann, dass die Waldbesitzer zu 90 Prozent von der Holzgewinnung lebten, tatsächlich aber auch viele andere Leistungen erbrächten. Etwa die Pflege der Wege, damit darauf Sport gemacht werden könne: „Diese anderen Leistungen müssen in Wert gesetzt werden.“ Für ihn wäre eine Steuererleichterung der Waldbesitzer eine angemessene Lösung.

Der gemeinwohlorientierte Sport unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und die Forstseite, repräsentiert vom Deutschen Forstwirtschaftsrat (DFWR), bewegen sich aufeinander zu. Man hat mehr Verständnis füreinander entwickelt. Das war die erfreuliche Überschrift über diesen Waldtagen. „Hier saßen heute Nachmittag verschiedene Welten an einem Tisch. Vielleicht wird daraus eine Welt“, sagte Dr. Axel Heider vom Bun-desministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), das die Deutschen Waldtage initiierte. Er versprach, die vielen guten Ergebnisse des „Waldcafés“ an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der vor einem Jahr gegründeten Bundesplattform „Wald, Sport, Erholung, Gesundheit (WaSEG) weiterzugeben.

Tatsächlich gelebt wird die Kooperation von Sport und Wald schon längst. Deutschlandweit wurden im Rahmen der Deutschen Waldtage 205 Veranstaltungen angeboten – viele davon gemeinsam von Wald und Sport – Aufräumaktionen, Mountainbike-Sport auf erlaubten Wegen, Baumwipfelpade, Hochseilgärten.

Dass die Vielfalt im Wald ein gutes Miteinander verschiedener Sportler sein kann, beschrieb Lisa Unruh, die Silbermedaillengewinnerin von Rio 2016 im Bogenschießen. Die Berlinerin gab zu, dass sie sich lange keine Gedanken gemacht habe, wem der Wald gehöre, in dem sie sich gerade bewege: „Ich erlebe den Sport im Wald und das ist eine wunderbare Sache. Wir hatten schon erstaunte Waldbesucher, denen wir erklärt haben, was wir machen, wenn wir im Wald schießen.“ Inzwischen hat Unruh bei Bogensportvereinen nachgefragt und erfahren, dass einige Klubs Waldflächen vom Besitzer gepachtet haben.

Sie erzählte von einem saarländischen Wettkampf im Bogenschießen, der im Wald und nicht in der Halle stattfand, und sagte: „Die Spaziergänger kamen vorbei und fanden es toll. Wir teilen uns den Wald dort mit Joggern, mit normalen Spaziergängern und auch mit Bogenschützen. Da ist eine Einheit vorhanden.“

Hochkomplexes Miteinander

Ein Beispiel aus dem Reitsport

Dass das Miteinander von Sport- und Forstseite im Wald trotz guter Absichten und gegensei-tiger Rücksichtnahme manchmal hochkompliziert sein kann, unterstrich DOSB-Präsident Alfons Hörmann in einem Beispiel aus dem Alltag. Er sagte: „Als kürzlich ein Reitsportverein in Nordrhein-Westfalen von der Forstbehörde darauf hingewiesen wurde, dass man die Durchführung einer Reitsportveranstaltung mit dem Waldeigentümer zu klären hat, man aber in der Behörde aus Gründen des neuen Datenschutzgesetzes die Adresse nicht herausgeben könne, waren auch wir im DOSB überfragt, wie man dies zu bewerten oder zu regeln hätte.“ Letztlich war auch dieses bunte Beispiel aus dem Alltag eine Illustration dessen, dass durch gute und vertrauensvolle Kommunikation viel zu erreichen ist – wenn beide Seiten wissen, an wen sie sich wenden müssen.

(Quelle: DOSB/Frank Heike)

Der Nachdruck ist – mit Angabe der Quelle (DOSB) und mit Verweis auf www.waldsportbewegt.de – gestattet und ausdrücklich erwünscht.

Essay (DOSB/Frank Heike) als pdf, Foto (DOSB/Frank Molter) in Druckqualität

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